Weihnachten (von Matthias Schulz-Hennig)



Weihnachtsgeschichten haben den Nachteil, daß sie nicht die Wirklichkeit beschreiben, sondern eine heile Welt vortäuschen. Alles geht glatt, alle sind glücklich und zufrieden. Die folgende Geschichte soll ein Weihnachtsfest im Kreise der Familie beschreiben, wie es wirklich ist. Die Geschichte ist realistisch und nicht verlogen. Damit es dem Leser nicht langweilig wird, muß dieser unter mehreren Möglichkeiten die richtige herausfinden und ankreuzen (es können mehrere Möglichkeiten richtig sein).

Es ist a) 8 Uhr 30 b) eigentlich noch keine Zeit, um aufzustehen c) richtig schön gemütlich und warm im Bett d) noch mitten in der Nacht.
Mutti weckt die Familie und verkündet, daß es in 20 Min. Frühstück gibt. In der Wohnung riecht es nach a) köstlichen frischen Brötchen und heißem Kaffee b) verbranntem Toast und übergekochter Milch c) verbranntem Tannengrün, da das Adventsgesteck Feuer fing d) gar nicht, weil es schlabrige Cornflakes mit Haferschleim gibt (ein zum Glück geschmacks- und geruchsneutrales Zeug).
Während des Frühstücks a) wird sich angeregt unterhalten (unbändige Vorfreude) b) kriegt der Kleine von Papa eine gescheuert, weil er seine randvolle Tasse umgestoßen hat und der Käse jetzt nach Kakao schmeckt c) plärrt kitschige Weihnachtsmusik aus dem Radio d) hört man nur Schmatzen und Grunzen.
Nach dem Frühstück muß die ältere Tochter der Mutter in der Küche helfen (Abwasch, Füllen der Weihnachtsgans usw.), worauf diese erwidert: a) "Ich helfe Dir gerne Mutti!" b) "Die Sklaverei ist abgeschafft!" c) "Grunz, stöhn, keuch, Brast, Frust!" d) "Leck mich am Arsch!" Vater holt während dessen den Tannenbaum vom Balkon und fängt an ihn a) mit viel Liebe b) lustlos c) nur widerwillig d) erst nach wüsten Drohungen von Mutti (Papa will nämlich wieder zum Stammtisch) zu schmücken. Der Kleine liegt allen im Weg herum und spielt mit seinen Soldaten und Panzern 3. Weltkrieg.
Plötzlich hört man wüste Flüche aus dem Wohnzimmer, weil a) Papa über den Keinsten gestolpert ist b) Papa unter dem Tannenbaum liegt c) der Tannenbaum unter Papa liegt d) der Dackel Waldi soeben durch Beinanheben den Tannenbaum eingeweiht hat. Nachdem Papa Waldi auf den Balkon ausgesperrt hat, den Kleinsten in die Besenkammer eingesperrt hat, stellt er fest, daß für die elektrische Lichterkette zwei Kerzen fehlen und ersetzt werden müssen. Papa a) fängt abermals an wild zu fluchen b) hält die Luft an und zählt bis 10 c) heult lauthals los d) beißt sich im Tannenbau fest und verzehrt ein paar Zweige. Mutter kommt herbei. Es riecht plötzlich nach a) angebrannter Gans b) verkohlten Plätzchen c) verbranntem Mittagesseen d) Kuhscheiße. Mutti rennt schnell wieder in die Küche. Die Tochter wird losgeschickt, um neue Christbaumkerzen zu kaufen.
Das Mittagessen: a) Erbsensupp (würg) b) Bohnensuppe (würg) c) Linsensuppe (würg) d) Kohlsuppe (würg) verläuft reibungslos. Die Zeit vergeht wie im Flug. Es ist bald halb vier. Nun macht sich die Familie für den Kirchgang schön. Schließlich steht man zum Aufbruch bereit im Korridor, als a) man ein Bellen umd Winseln vom Balkon vernimmt b) ein Schaben und Kratzen aus der Besenkammer ertönt c) man den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer umkippne hört (worauf Papa auch umkippt) d) Mutter laut furzt. Nachdem a) der schon leicht angefrorene Hund vom Balkon hereingeholt wurde b) der Kleinste aus dem Besenschrank freigelassen wurde c) Papa eine Tasse Baldrian getrunken hat d) Mutti nicht mehr furzt, kann es endlich losgehen.
Wie immer kommt man zu spät und muß mit Stehplätzen a) hinter der Orgel b) in den Beichtstühlen c) auf dem Kirchenplatz d) in der Hölle vorlieb nehmen. Aber dann ist es überstanden und es geht schnellstens nach Hause. Mutter verschwindet a) in der Küche b) im Schlafzimmer, um die Geschenke zusammenzusuchen c) auf dem Klo d) spurlos.
Nun muß die Tochter wieder in der Küche helfen, Papa baut den Gabentisch auf und der Kleinste wartet ungeduldig in seinem Zimmer, wo er mit seiner Eisenbahn großes Zugunglück spielt.
Dann ist es soweit: Bescherung! Papa a) klingelt mit dem Glöcken b) ruft die Familie herein c) brüllt d) stolpert über Waldi und brüllt dann laut. Nachdem Waldi a) wieder auf den Balkon geschickt wurde b) in den Besenschrank gesperrt wurde (worauf der Kleinste energisch protestierte) c) in den Kühlschrank gesperrt wurde d) sich totgelacht hat, muß der Kleinste a) ein Gedicht aufsagen b) eine Weihnachtslied singen c) einen schmutzigen Witz erzählen d) aufs Klo.
Dann werden die Geschenke ausgepackt. Mutter bekommt a) einen handlichen Reisestaubsauger b) einen elektrischen Dosenöffner mit eingebauter Uhr c) einen Taschenrechner, der Melodien spielen kann d) einen Gartenzwerg mit eingebautem Feuerzeug. Papa bekommt a) ein rotes und drei blaue Oberhemden b) eine rote und drei blaue Krawatten c) acht Paar Socken d) vier weiße Oberhemden mit Monogramm. Die Tochter kann sich an a) einer Bibel b) einem Gesundheitslexikon c) einem Schuhputzetui d) gar nichts erfreuen. Und der Kleinste hat a) einen ferngesteuerten Panzer b) eine Armee Zinnsoldaten c) ein Buch über Indianerkriege d) ein Luftgewehr bekommen. Wenig später serviert die Mutter das Abendessen und alle freuen sich über die verkohlte Weinachtsgans. Zum Nachtisch gibt es klumprigen Schokoladenpudding. Papa trinkt wieder zuviel. Er hat während des Abendmahls a) eine Flasche Wein b) drei Flaschen Bier c) einen Liter Wiskey d) eine Flasche Haarshampoo, die er für Bratensoße hielt, geleert. Nun geht er zum Kühlschrank, um sich a) noch eine Flasche Wein b) noch ein Bier c) ein Glas Karottensaft (da sieht man, daß Papa nicht mehr ganz nüchtern ist) d) einen eingelegten Hering zu holen, dabei wird er vom aufgeschreckten Waldi in der Arm gebissen. So nimmt der Abend seinen Lauf. Der Tochter ist schlecht, weil sie sich überfressen hat; Mutti ist sauer, weil ihr mühsam zubereiteter Festschmaus in nun wenigen Minuten verschlungen wurde; Papa ist sauer auf Waldi; und der Kleinste spielt Buschkrieg unter dem Weihnachtsbaum.
Morgen aber wird es erst richtig schön werden, wenn a) die lieben Verwandten b) die Schwiegermutter c) E.T. d) der Mann von der Hamburg-Mannheimer zu Besuch kommt.

 


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